Klare Worte und doch nur heisse Luft- die Eröffnungsrede von Dr. Andreas Kiefer, Präsident der BAK, auf dem Pharmacon in Schladming gleicht dem Fauchen eines müden Katers. Er spricht aus, was alle im Plenum längst wissen. Eine für den Patienten sinnvolle Medikationsanalyse bedarf einer kollegialen Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern. Eine Forderung, die vehement im politischen Berlin vertreten werden muss, unter Kollegen allerdings nur noch für ein resigniertes Nicken taugt. Da wundert dann auch nicht mehr der präsidiale Hinweis, dass der Apotheker dem Kunden nicht schaden solle.
Unterforderte Apotheker
Apotheker, das ist die Berufsgruppe, die noch nicht mal den Vornamen oder die Telefonnummer des verschreibenden Arztes ohne Rücksprache auf einem Rezept ergänzen darf, falls diese Angaben, die ja laut Arzneimittelverschreibungsverordnung für die korrekte Belieferung lebensnotwendig sind, fehlen sollten, aber andererseits das volle Retax-Risiko für den ärztlichen Formfehler trägt. Apotheker, das sind die, die sich, obwohl gar nicht offiziell am Medikationsmanagement beteiligt, mit den Ärzten im vorauseilendem Gehorsam darauf geeinigt haben, dass sie, niemals, aber auch niemals die Diagnosen der Patienten lesen dürfen. Und Friedemann Schmidt fordert eine neue Approbationsordnung – finde den Fehler!
Ein neues Ablenkungsmanöver?
Die Immobiliensuche und die Vereinsgründung sind durch, neue Leitlinien erstellt, also schnell ein neues Ablenkungsmanöver. Wie kreiere ich Zukunft? Indem ich die Ausbildung aufpeppe und an das neue Berufsbild anpasse. Bloß an welches? An den ausschließlich Medikamente herstellenden und prüfenden Schubladenzieher von Minister Gröhe oder die Lichtgestalt des Perspektivpapiers, die außer uns selber so keiner wahrnimmt? Ja, wir haben in unserem Berufsstand mit sehr vielen Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften zu kämpfen. Aber anstatt innerhalb dieser Grenzen phantasievoll Zukunft zu gestalten, fordern unsere Standesvertreter munter die Überarbeitung dieser Knebel oder erfreuen uns mit immer mehr Bürokratie, angeblich um die Qualität unserer Leistungen zu sichern.
More risk, more fun
Aber wie wäre es mal stattdessen mit Risiko? Ich fände einen aktiven Misserfolg der ABDA weitaus erträglicher als dieser Wachkoma-Zustand, da Scheitern eine Handlung voraussetzt. Als selbstständiger Apotheker weiß man, dass nicht alles, was man umsetzt, auch Erfolg hat, das nennt sich unternehmerisches Risiko. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wer sich zukunftsorientiert ausrichten will, braucht eine klare Positionierung und eine innovative Strategie. Man braucht Empathie und Leidenschaft für sein Business, um weiterhin erfolgreich zu sein.
Einzelkämpfer, die sich an die Befürchtung klammern, dass es noch schlimmer kommen könnte und damit jedem Kaninchen Konkurrenz machen, das zitternd vor der Schlange hockt, sind nicht überlebensfähig. Wir brauchen mehr Teamfähigkeit– nicht nur in den Apotheken vor Ort, sondern untereinander im ganzen Berufsstand. Und wie in der Familie zu Hause, lernt es sich am besten an Hand von Vorbildern.
Veraltetes System
Unsere Standesvertretung ist geprägt von einem überalteten System- 17 Apothekerkammern und 17 Apothekerverbände inklusive Anhang plus Bundesverbände und einem Verein mit diversen Tochtergesellschaften. Warum werden diese Strukturen nicht völlig neu geordnet? Verschlankt und rationalisiert. Wir leisten uns diese vielen Ehrenamtlichen, die zum Teil sehr engagiert versuchen, neue Ideen umzusetzen, aber leider aufgrund des starren Systems nicht viel erreichen können. Wir brauchen eine professionelle Führung, die sich voll und ganz dieser Aufgabe widmen kann, die für ihre Handlungen Verantwortung übernehmen muss und deren Erfolg dadurch auch messbar wird. Transparenz in allen Ebenen statt undurchsichtigem Gemauschel der grauen Herren (und einigen wenigen Damen). Dazu brauchen wir eine leistungsstarke Basis, die gemeinsam für die Zukunft der Pharmazie einsteht und die eng mit der Führungsebene zusammenarbeitet. Es gäbe dann zwar weniger wichtige Pöstchen zu vergeben, aber unser Berufsstand würde eine hörbare Stimme bekommen.
So wie der Alltag in den Apotheken immer stärker unser unternehmerisches Know-How fordert, so fordert die Politik unseren Berufsstand heraus. Ich verdiene mein Geld in der Apotheke nicht, in dem ich die Teamregeln zum x-ten Male überarbeite, nächtelang Benchmark-Listen auswerte oder mir für das Labor neue Standgefäße kaufe. Das ist die Kür, das kann ich tun, wenn alles andere in meinem Unternehmen optimal läuft. Um erfolgreich zu sein, muss ich zu allererst meine Kunden begeistern, ihnen Lust auf meine Apotheke machen. Das ist im Großen nichts anderes als im Kleinen- Lobbyarbeit heißt den Politikern zu verdeutlichen, welchen Mehrwert wir Apotheker der Gesellschaft bringen und für unsere Ideen und Konzepte so zu brennen, dass diese Leidenschaft ansteckend ist. Dann werden wir auch für unsere Leistungen angemessen bezahlt.
Wir brauchen Mut
Und wir brauchen den Mut, anders zu sein als andere. Wer es wagt, aus der Gruppe der angepassten Pharmazeuten auszuscheren, muss damit rechnen, dass die eigenen Kollegen zu den größten Feinden werden. Jeder neue Ansatz kann hilfreich sein und nur weil der Weg nicht meiner ist, heißt es ja nicht, dass er nicht vielleicht doch zum Ziel führt. Ein Perspektivwechsel kann manchmal helfen. Anstatt sich zu fragen, gegen welche Vorschrift der Kollege gerade verstößt, kann man sich ja auch inspirieren lassen, und wenn es nur dazu dient, für sich zu entscheiden, was man nicht umsetzen möchte. Stillstand ist der sichere unternehmerische Tod, der schleichend aber unausweichlich kommt. Die neuesten Zahlen sprechen Bände- weitere Apotheken wurden 2015 geschlossen und es wird erwartet, dass wir Ende 2016/Anfang 2017 bereits weniger als 20.000 Apotheken in Deutschland haben werden. Und was noch viel dramatischer ist, dass viele Kollegen in ihrer Apotheke fatalerweise ihre Altersvorsorge gesehen haben, nun aber feststellen müssen, dass ihr Lebenswerk unverkäuflich geworden ist.
Wir haben nichts mehr zu verlieren, schlimmstenfalls bleibt alles beim Alten. Es ist an der Zeit, die Angst vor Veränderung zu überwinden und die Komfortzone zu verlassen. Fangen wir bei uns selber an…nur so kann sich was bewegen!
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