Wie Phoenix aus der Asche

Auferstanden aus Ruinen macht die ABDA Schlagzeilen- in der seriösen Tagespresse. Friedemann Schmidt goes Süddeutsche Zeitung. Was für eine gute Chance uns Apotheker klar zu positionieren. Kann man machen, muss man aber nicht.

Nachwuchsmangel in den Apotheken vor Ort

Immerhin spricht unser Häuptling an, dass es uns Apothekern an Nachwuchs mangelt. Die jungen Pharmazeuten wollen laut seiner Aussage nicht als Einzelkämpfer eine Apotheke führen. Vor noch nicht all zu langer Zeit hieß es noch aus unserer Chefetage, dass das Führen einer Apotheke erstrebenswert sei, da man dann doch so frei sei! I´ve been looking for freedom– ich bin in keiner Branche so gegängelt wie in der unsrigen. Die Kassen begrenzen die Abgabe der Arzneimittel durch Rabattverträge, der Kaufmann in uns wird durch die Arzneimittelpreisverordnung und jetzt ganz neu durch das Antikorruptionsgesetz ausgebremst, die Apothekenbetriebsordnung pfuscht mir in mein Sortiment, die Revision schreibt mir vor, wie warm es wann und wo in meinem Geschäft sein darf, die Bank nimmt sich so wie auch die Regierung einen großen Teil meiner Einnahmen und unser Verband sorgt mit absurden Hilfsmittelverträgen dafür, dass ich in meiner Lieferfähigkeit beschränkt werde. Ja, Freiheit ist ein hohes Gut.

Geschlechterkeule statt Argumente

Aber anstatt auf unsere Kernprobleme hinzuweisen, holt Friedemann Schmidt die Geschlechterkeule raus: „Eine große Rolle spiele auch, dass der Anteil der Frauen unter den potenziellen Apothekern beständig wachse. Und gerade diese legten deutlich höheren Wert auf eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie, „als man dies in einer Einzelapotheke haben könnte, wo 50 bis 60 Stunden Arbeitszeit in der Woche die Regel sind“, sagt Schmidt.“ Laut der ganz neuen Zahlen, Daten, Fakten der ABDA sind 46,7 % der Apothekenleiter weiblich in Deutschland. Und lieber Herr Schmidt- wir Frauen schaffen 50 bis 60 Stunden Arbeitszeit in der Woche in unserem Betrieb plus 30 Stunden Kinder und Haushalt unter der Woche. Aber damit nicht genug, denn Familie ist kein Nine-to-five-Job, sondern 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr! Unser Nachwuchs-Problem liegt also nicht an dem beständig wachsenden weiblichen Faultieren, die einfach nicht genug arbeiten möchten, sondern an den unattraktiven Arbeitsbedingungen unserer Branche. Und dazu zählen einfach auch die grottig schlechten Verdienstmöglichkeiten- egal ob angestellt oder selbstständig. Stimmt die Bezahlung, darf es auch gerne mehr Arbeit sein. Und wenn ich mir eine qualifizierte Betreuung für meine Kinder leisten kann, kann ich auch als Frau sehr gut als Unternehmerin tätig sein. Denn nicht die Quantität, sondern die Qualität muss stimmen, das gilt vor allem für gemeinsame Zeit in der Familie. Das schmidtsche Argument, dass der Nachwuchs fehle, weil ja die Weibchen nur ein bisschen Apotheke, dafür aber mehr Latte-Macchiato mit den Krabbelgruppen-Mamis trinken wollen, lässt sich einfach entkräften. Sobald die Männer und dazugehörigen Väter ihren akademisch bestens ausgebildeten Frauen den Rücken freihalten, können diese auch spielend leicht ein Unternehmen leiten. Bei einem Anteil von 69,2% Frauen unter den berufstätigen Apothekern möchte ich doch mal annehmen, dass darunter viele sind, die nicht studiert haben, um sich dann ausschließlich der Brutpflege zu widmen. Ich bin selber Mutter von drei zauberhaften Töchtern und genieße jede Minute mit ihnen (naja…fast- Eltern wissen, was ich meine), aber ich liebe auch meinen Beruf und meine Selbstständigkeit. In meinem Bekanntenkreis finden sich einige Apothekenleiterinnen, alle mit Familie und Haushalt und zum größten Teil ohne männlichen Zweitverdiener. Diese Frauen machen ausnahmslos einen sehr guten Job, die Kinder gedeihen prächtig und lassen nicht auf eine spätere Amokläufer-Karriere schließen. Wäre das Geschlechter-Argument das einzig unbrauchbare in dem Artikel von Herrn Schmidt und alle unsere vielschichtigen Probleme bestens an anderer Stelle des Interviews untergebracht, man würde es als Frau der altmodischen Haltung der Schlipsträger in Berlin schulden und großzügig über solch ein konservatives Machogehabe hinweg sehen.

Es kann immer schlimmer kommen

Aber es kann ja immer schlimmer kommen, das wurde uns schließlich jahrelang mit der standespolitischen Muttermilch eingetrichtert.

Laut unserem Präsidenten ist die größte wirtschaftliche Herausforderung für die Apotheken, dass aus Platzmangel nicht die nötige Diskretion bei der Beratung geschaffen werden kann. Leider ist dies kein Witz und auch nicht die versteckte Kamera. Die Süddeutsche Zeitung gibt den Apothekern die Möglichkeit, sich zu den Gründen des Apothekensterbens zu äußern und unser Anführer führt als Hauptproblem bauliche Besonderheiten der Apotheken-Offizin an? Da wundert es niemanden mehr, das Friedemann Schmidt auch kein Versorgungsproblem sieht…wenn ich den Wald vor lauter Bäumen aus meinem Elfenbeinturm nicht sehe, dann stellt sich wohl die Frage, wen oder was die ABDA in Zukunft vertreten möchte? Mit dieser desaströsen Kommunikationsstrategie wären männliche Einzelkämpfer, die locker 50-60 Stunden an ihren vielen voneinander getrennten Bedienplätzen arbeiten können, ohne sich ständig an einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufzureiben, die ideale Zielgruppe. Vielleicht sollte sich die ABDA in Zukunft einfach selber vertreten. Wir Apotheker und vor allem Apothekerinnen würden sie eh nicht vermissen.

Immer öfter übernehmen die Kollegen an der Basis bereits die Aufgaben der ABDA- so auch meine engagierte Kollegin Kerstin Kemmritz, die das Forum „Ohne-ApothekeR-fehlt-dir-was“ ins Leben gerufen hat. Eine Online-Plattform von und für Apotheker, wo jeder schreiben kann, was ihn motiviert, ihn nervt und was sich ändern muss, aber auch Zahlen, Daten und Fakten, empathisch aufgearbeitet.

By | 2017-07-25T09:55:46+02:00 März 1st, 2016|Kolumne Deutsche Apothekerzeitung|0 Comments

About the Author:

Leave A Comment