Auf jeden Topf passt auch ein Deckel…

Die Nachricht des politisch geforderten Hochpreiser-Deckels schlug ein wie eine Bombe. Die ohnehin schon lächerlichen 3 % Marge bei Hochpreisern sollen nach Meinung von CDU und SPD gedeckelt werden, was natürlich vom GKV Spitzenverband mit Kußhand begrüßt wurde. Der Verbandssprecher erklärte auf Nachfrage, dass heute aufgrund von einem vermehrten Verschreiben mehr Hochpreiser abgegeben würden als zum Zeitpunkt der Einführung der 3% Marge. Dies führe dazu, dass es zu einer faktischen Umkehr der Logik der Vergütung käme, da der prozentuale Aufschlag den Fixzuschlag bei weitem übersteige. Kann man verstehen, muss man aber nicht.

Verkehrte Logik

Natürlich ist der prozentuale Aufschlag ab einem gewissen Preis des Medikamentes höher als der mickrige Hungerlohn, den wir fest bekommen, es steigen aber auch das Retax-Risiko und die Kosten der Vorfinanzierung. „Ein Kaufmann ist eine Person, die erwerbsmäßig ein Geschäft tätigt, eine Ware einkauft und weiter zum Kauf anbietet- um beim Verkauf einen finanziellen Gewinn zu erzielen.“ Soweit die Theorie bei Wikipedia. Wie kann man von uns Apothekern verlangen, Zwangsmitglied in der Industrie- und Handelskammer zu sein, uns privat für unser Unternehmen und jegliches Risiko haftbar machen und uns dann per Gesetz unsere kaufmännischen Entscheidungen vorschreiben? Unsere Verbände hätten sich schon niemals auf die abartigen Hilfsmittel-Verträge, bei denen man unter seinem Einkaufspreis liefern soll, einlassen dürfen. Wie lautete damals die standespolitische Argumentation? Wenn wir darauf nicht eingehen, macht es ein anderer und wir verlieren die Rezepte, die der betreffende Kunde vielleicht noch gehabt hätte.

Verkauf unter Einkaufspreis

Aus Sicht der Politik ist der Margen-Deckel nachvollziehbar. Der Großhandel darf auch nur bis € 37,80 draufschlagen und bei den Hilfsmittel klappt das Auspressen der Apotheken doch auch wunderbar. Never change a running system- die Politik ist der Meinung, dass wir immer noch viel zu viel verdienen. Deswegen wird ja auch ein Gutachten in Auftrag gegeben, um unser Honorar –leben wir als Kaufleute nicht defintionsgemäß von Gewinnen?- transparent zu machen. Dass wir so bescheuert sind, Dienstleistungen und Waren anzubieten, bei denen wir draufzahlen, das glauben uns noch nicht mal die Politiker. Die Herstellung von Rezepturen ist ein defizitäres Geschäft. Aber das Labor ist ja neben dem Notdienst eine unserer Säulen, warum es die inhabergeführte Apotheke noch gibt- sprach die Standesführung. Ein Aufschlag von € 0,26 auf ein Betäubungsmittel ist ein trauriger Witz, einschließlich Umsatzsteuer. Uns hier mit einer Erhöhung gönnerhaft locken, um uns die brutale Honorarkürzung bei den Hochpreisern schmackhaft machen zu wollen, ist eine Frechheit, die es sofort von unserer Standesführung auf entschiedenste argumentativ abzulehnen gilt.

Es könnte schlimmer kommen

Man hört dazu wenig bis nichts aus dem komatösen Berlin- ja, das ist nichts Neues. Interessant ist allerdings die Maßgabe unserer Standespolitiker, das apothekerliche Fußvolk möge sich bitte mit Kommentaren zu diesem Thema zurückhalten, um dem Ganzen keine Bedeutung beizumessen. Was sind das für hirnverbrannte Strategien? Die Große Koalition hat vorgelegt, der GKV Spitzenverband ist aufgesprungen und wir als Betroffene machen uns unsichtbar. Selbst meine 15 Monate alte Tochter hat schon verstanden, dass, auch wenn sie die Augen zu macht, sie immer noch da ist! Der Deckel steht im Raum, da hilft auch kein engagiertes Ignorieren, und nur weil wir im Stillen meinen, dass er uns nicht passt und klappert. Und das bedeutet auch noch lange nicht, dass er uns nicht gewaltsam aufgedrückt wird.

Das drohende EuGh-Urteil

Es könnte ja immer schlimmer kommen, vielleicht bekommen wir ja im Herbst mehr kaufmännische Handlungsspielräume als uns lieb sind. Wenn der europäische Gerichtshof dank unser aller Freund DocMorris die Preisbindung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln kippt, können die Krankenkassen nochmal richtig Geld bei den Apothekern abzocken. Die flächendeckende Versorgung wird dann nicht mehr durch die inhabergeführte Apotheke vor Ort geleistet, der Trend zur Zentralisierung und zur Marktaufteilung unter ein paar Big Playern wird Realität werden. Aber pssst, leise, was ist, wenn diese kleine Kolumne hier auch Politiker lesen sollten? Dann bringe ich die womöglich noch auf blöde Ideen, auf die sie ohne mich natürlich niemals gekommen wären. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass man mit konsequenter Aufklärung über die Ergebnisse solch weitreichender Entscheidungen im Gesundheitswesen, Politiker erreichen kann. Wenn schon Fakten geschaffen werden in der Gesundheitspolitik, dann sollen wenigstens alle Beteiligten ausreichend informiert und nicht nur durch einseitige Lobby-Märchen beeinflusst sein. Ob man als Apotheker durchdringt, ist ungewiss, nur es erst gar nicht zu versuchen, ist unerträglich.

Gute Argumente überzeugen

Sehr eindrucksvoll hat unsere Kollegin Kerstin Kemmritz aus Berlin gezeigt, dass man mit guten und sachlichen Argumenten Kritiker überzeugen kann- sogar eine Journalistin. Wenn das im Kleinen funktioniert, erschliesst sich mir nicht, warum das im Großen, mit professionellen Pressesprechern nicht erfolgreich sein soll. Bitte keine Pressemeldungen über Apps, Plastiktüten und Medikationsplan mehr, sondern deutliche Worte zu unserer finanziellen Lage und unserer unklaren Zukunft.

Wo die nämlich hinführen soll, kann man bei den jüngsten Besuchen des Außendienstes der pharmazeutischen Industrie erahnen. Winterbevorratung per Direktbestellung geht bei 250 Packungen los, den Höchstrabatt von amüsanten 22% gibt es ab 900 Packungen, bei anderen Firmen sind nur um die 400 Packungen für das Erreichen irgendwelcher Rabattstufen nötig. Warum auch nicht, als kluger Kaufmann kann man sich ja auch gleich für mehrere Winter bevorraten. Oder sich als Apotheker einen neuen Job suchen.

By | 2017-07-26T15:57:45+02:00 April 19th, 2016|Kolumne Deutsche Apothekerzeitung|0 Comments

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